Hallo Daheimgebliebene!
Dann will ich mal wieder ein paar Zeilen schreiben.
Während meiner Zeit in China habe ich ja auch immer mal wieder Neues und Kurioses in die Heimat geschickt, damit man sich ein Bild von meinem Leben und meinen Erlebnissen hier machen kann.
So viel schonmal vorweg:
Ich habe bislang noch nicht viel von mir hören lassen, weil es sich noch nicht gelohnt hat, eine längere Email zu schreiben.
Hier ist alles ein wenig zäher und langsamer als beispielsweise in China.
Ein krasser Kulturschock ist bislang jedenfalls noch nicht zu verzeichnen.
Natürlich ist es manchmal schwierig bis unmöglich, die Sprachbarriere zu überwinden, da kaum jemand der englischen Sprache mächtig ist.
Dazu kommt dann auch noch das kyrillische Alphabet, dass ich jetzt aber endlich halbwegs im Kopf habe.
Wenn man da zum Beispiel die ganzen „Zischlaute“ verwechselt oder nicht lesen kann, ist man aufgeschmissen.
Viele Worte sind unseren doch schon recht ähnlich oder man kann etwas daraus ableiten.
„Butterbrot“ und „Kabelkanal“ werden etwas härter ausgesprochen und haben die gleiche Bedeutung.
Aber für die, die es nicht wissen, hat jeder Laut ein Schriftzeichen.
So besteht das „SCH“ nicht aus drei, sondern nur aus einem Zeichen.
Da gibt´s dann ein s, z, zh, ch, tsch, sch, schtsch. Kompliziert.
Diesen Monat werde ich dann nach Möglichkeit anfangen, Russischunterricht zu nehmen, damit ich ein paar Floskeln und Begriffe kenne, um besser im Alltag zurecht zu kommen.
Lustig war neulich zum Beispiel der Einkauf im Supermarkt nebenan.
Ein Supermarkt hier ist aber nicht vergleichbar mit Aldi, Lidl und Co, sondern eher der Tante Emma Laden, der neben Platzmangel leider auch ein sehr beschränktes Angebot aufweist.
Ich also rein, um ein paar Kleinigkeiten zu kaufen, soweit alles gefunden, nur keine Eier.
Die freundliche Kassenfachkraft fragte mich ob meines suchenden Blicks irgendwas, was ich aber nicht verstand.
Letztendlich habe ich es aber als Frage gedeutet, was ich denn suchen würde.
Auf die Frage, ob sie auch englisch spricht, nickte sie, also fragte ich nach Eiern.
Ergebnis: Augenbrauen hochziehen und Schulterzucken. Nix verstehen.
Also versucht, zu umschreiben. Form mit der Hand gezeigt und irgendwas von „Chicken“ gemurmelt…Schulterzucken, aber freundlich-fragender Blick.
Nun stand ich vor der Entscheidung, ohne Eier zu gehen oder anzufangen, wie ein Huhn zu gackern.
Da kam eine junge Frau in den Laden, die auf der Stelle von der Kassiererin gestellt und befragt wurde.
Und siehe da, man spricht englisch. Zugegebenermaßen auch noch besser als ich. Wunderbar!
Ich also mein Anliegen geschildert und gefragt, ob ich noch mehr benötige.
Sogleich ging die Kassiererin hinter ihren Kassentresen, der mit allerlei Süßigkeiten, Tabakwaren und sonstigen Kleinigkeiten vollgestopft ist und hielt mir eine transparente Plastiktüte mit 10 Eiern entgegen, die hinter der Kasse auf dem Boden lagern.
Vermutlich, weil es der kühlste Ort im Laden ist, wenn man sie nicht in die Tiefkühltruhe legen will.
Daumen hoch, mission accomplished!
…bei meinem nächsten Einkauf wurden mir übrigens die Eier schon direkt nach dem entern des Ladens grinsend entgegengestreckt, aber ich hatte noch genug im Kühlschrank J
Letzte Woche Dienstag dann der Supergau: Anruf von einer kasachischen Mitarbeiterin in meinem Büro…ich müsste sofort und dringend in meine Wohnung gehen.
Bei den Mietern unter meiner Bude würde das Wasser von der Decke tropfen und man befürchte einen Wasserrohrbruch in meiner Wohnung.
Ich also mit der blanken Panik im Genick zur Wohnung geeilt…ohne vorher die Büroschuhe gegen die Winterstiefel zu wechseln…bei der Menge an Schnee und den Temperaturen auch ein nicht unbedingt empfehlenswertes Unterfangen.
Nicht nur, dass die Mauken kalt und wegen des teils doch recht hohen Schnees auch nass waren…ich hab mich auch mehrmals fast aufs Mett gepackt.
Zum Glück liegt die Wohnung nur etwa 10-15 Gehminuten vom Büro entfernt.
Dort angekommen hab ich erstmal alle Wasserquellen und Heizkörper kontrolliert….NIX. Alles trocken, nirgends eine Pfütze. An meiner Decke auch alles trocken, also angerufen und gesagt, es sei alles in Ordnung.
Da man westlichen Diplomaten aber scheinbar keine Diagnose dieser Art zutraut, wurde ich gebeten, auf den Hausmeister zu warten, der auch 10min später vor der Tür stand.
Der drehte dann auch sogleich die gleiche Runde wie ich und nahm in einem Bad noch die Revisionsklappe ab und steckte seinen Kopf in die Wand.
So wirklich passten aber nicht Kopf und Hand mit einer kleinen Funzel gleichzeitig durch das Loch in der Wand, was aber weder am einen, noch am anderen lag, sondern lediglich an der Größe besagter Luke.
Er fragte mich, ob ich einen Fotoapparat hätte und deutete auf mein Handy.
Ich hab also die Kamera eingeschaltet und gab ihm das Gerät. Nun hatte er Licht und konnte sogar um die Ecke gucken.
Er hat dann etwa zwei Dutzend Bilder vom Inneren der Wand gemacht, hinter der diverse Rohre verliefen.
Ergebnis: kein Ergebnis. Hatte ich ja auch schon vermutet.
Er verschwand also wieder irgendwo im Haus und ich bin wieder Richtung Botschaft geschlittert.
Einen Tag drauf wurde ich nochmals zur Wohnung beordert, weil man wohl bei sämtlichen anderen Parteien im Haus den Fehler ausgeschlossen hat und nun sogenannte „Experten“ geschickt hat, die sich der Sache annehmen sollten.
Unter Experte ist aber hier keinesfalls ein Facharbeiter oder gar so etwas wie ein Klempner zu verstehen.
Da standen nun also der Hausmeister vom Vortag, der Fahrer der Vermieterin (scheint hier Mädchen für alles und persönlicher Sklave zu sein) und zwei „Experten“ im und vor dem Bad.
Glücklicherweise habe ich zwei davon in der Wohnung…
Das Bad ist nicht wirklich großzügig bemessen, so dass zeitgleich höchstens drei Leute herein passen.
Nachdem dann nochmals Köpfe in die Wand gesteckt wurden, schaute man auch in die Revisionsklappe unter der Badewanne und wurde scheinbar fündig.
In der Wand zwischen den beiden Badezimmern verläuft nämlich die Hauptwasserleitung.
Zielstrebig wurden sodann auch die Fliesen von der Wand gehauen und zum Vorschein kam ein armdickes Rohr mit einer verrosteten Muffe. Spätestens jetzt wusste ich, wieso man das Leitungswasser hier nicht trinken soll….
Ich war ja schon froh, dass die Leute für hiesige Verhältnisse überpünktlich gekommen sind.
Aber so schnell wie sie kamen, verschwanden sie auch wieder und hinterließen ein klaffendes Loch in der Wand.
Den Assistenten der Vermieterin hab ich aber noch zu fassen gekriegt und ihn dann gefragt, wann sie sich denn an die Reparatur machen würden.
Heute nicht – übermorgen (Freitag) war die Aussage. Man habe aber den Fehler gefunden, die vergammelte Muffe sei undicht und da tritt Wasser aus, dass dem Mieter unter mir die unfreiwillige Dusche beschert.
Wer jetzt glaubt, man hätte irgendetwas unternommen, um den Wasseraustritt provisorisch zu unterbinden, der irrt..
Am Freitag würde der „Meister“ (vermutlich Klempner) kommen, der würde dann reparieren.
Die Kommunikation mit dem Assistenten verlief übrigens durch Handzeichen, russisch mit eingestreuten englischen Vokabeln und Google Translator auf dem Handy.
Aber da braucht man manchmal schon eine gute Portion Fantasie.
Der Freitag kam, der „Meister“ auch. Und nachdem er sich die Sache etwa 10min ansah, verschwand er auch wieder.
Sie würden jetzt Material holen.
Aber zu glauben, er geht an seinen Firmenwagen und holt Muffe, Zange und Dichtmaterial…naja, die Hoffnung hat sich schnell zerschlagen.
Anderthalb Stunden später standen der zu kurz geratene Assistent der Vermieterin, Erik, und der „Meister“, nennen wir ihn Oleg, wieder auf der Matte.
Oleg kam herein, die Hände in den Hosentaschen und streifte sich die Schuhe von den Füßen, während Erik drei PVC-Rohrstücke in den Händen hielt, sich schwankend die Schuhe auszog.
Ich hab besser nix gesagt, denn entgegen meiner Erwartung wurde nicht die Muffe ersetzt und neu abgedichtet, sondern Firma Pfusch&Co schnitt ein paar Stücke Kunststoffrohr zurecht, stülpte sie über die Wasserleitung und schmierte großzügig Silikonnähte an die Enden.
Fertig. Reparatur auf kasachisch.
Der Meister ging, das Loch blieb…
Denn für das Schließen der Wand sind wieder die „Experten“ zuständig. Die sollten dann am Samstag wieder erscheinen. Wann genau, könne man nicht sagen.
Vormittags kam dann Erik kurz vorbei und fischte sich eine Scherbe der alten Wandfliese aus dem Müllbeutel, der noch im Bad lag.
Damit verschwand er dann wieder mit der Information, er würde jetzt neue Fliesen kaufen.
Nachmittags kam tauchte dann wieder die Expertenbande auf, die dann tatsächlich und ortsüblich und angemessen die Wand geschlossen und verfugt haben.
Ansonsten sind meine Erfahrungen hier vor Ort noch recht beschränkt, was Freizeitgestaltung angeht.
In der Woche spielt sich bislang noch relativ wenig ab, weil man bei dem Wetter zu Fuß ungern mehr macht, als notwendig ist.
Außer einigen wirklich guten Restaurants kenne ich noch nichts.
Gestern waren wir mit einigen Leuten im „Line Brew“, einem Restaurant mit eigener Biermarke.
Dort gibt es unter anderem auch eines der Highlights der kasachischen Küche: Pferdefleisch.
Das musste ich dann auch gleich ausprobieren und habe mir Horse on the hot stone bestellt.
Dazu bekommt man einen Teller mit dünnen und marinierten rohen Fleischscheiben und extra Beilagen und eine Platte mit einem heißen Stein, auf dem man dann selbst das Fleisch zubereitet.
Wirklich richtig lecker.
Das nächste Mal werde ich mir dann aber ein T-Bone Steak vom Pferd bestellen. Die Bruzzelei auf dem Stein sorgt leider für eine nicht unerhebliche Geruchsentwicklung, die sich in den Klamotten niederschlägt.
In unserer Runde standen dann gleich drei oder vier heiße Steine auf dem Tisch.
Seit meiner Ankunft hier vor etwa drei Wochen konnte ich aber auch schon die georgische und ukrainische Küche antesten. Beides ebenfalls recht deftig, aber sehr gut.
So, genug für heute.
Ich melde mich wieder, wenn ich mehr erlebt habe und werde berichten.
Grüße aus Zentralasien
Tobi